Die dänische Firma ScanVision will Altersflecken auf der Netzhaut bekämpfen. Bessere Scans sollen helfen die Augenkrankheit AMD rechtzeitig zu erkennen.
Neuigkeit • von Dirk Keil
Alles begann im Jahr 2009: Dr. Jacob Bruun-Jensen und sein Vater Dr. Jørgen Bruun-Jensen MD, ein praktizierender Augenarzt, überlegten, wie man einen Sehtest entwickeln könnte, der die Augenkrankheit AMD erfasst und zudem besser funktioniert als die bisherigen Untersuchungen.
AMD ist die Kurzbezeichnung für altersbedingte Makula-Degeneration, eine Augenkrankheit bei der Sehzellen absterben. Dieser Prozess mindert die Sehfähigkeit erheblich und kann bis zur Erblindung führen. Die Krankheit betrifft zumeist Personen über 40 Jahre, und das Risiko an AMD zu erkranken steigt mit dem Lebensalter an. In den Industrienationen ist sie heute die Hauptursache für Erblindungen bei den über-50-Jährigen. Im Zusammenhang mit der steigenden Lebenserwartung unserer Bevölkerung steigt auch die Anzahl der Menschen, die unter AMD leiden.
Ein Problem in diesem Zusammenhang ist, dass heutige Sehtest zumeist nur auf Kurz- bzw. Langsichtigkeit ausgerichtet sind aber keine anderen Augenfunktionen umfassen. Wissenschaftliche Studien weisen nach, dass viele Augenprobleme frühzeitig erkannt werden können, auch wenn die betreffende Person selbst noch keine deutlichen Symptome spürt. Die Herausforderung hierbei ist jedoch, dass nicht genügend ausgebildetes medizinisches Personal zur Verfügung steht, um regelmäßige Augen-Screenings auf AMD und ähnliche Erkrankungen hin durchzuführen. Darüber hinaus ist die technische Ausrüstung für diese Untersuchungen (z.B. Computer-controlled perimetry) oft sehr teuer und nur in spezialisierten Augenkliniken, bei Augenärzten und einigen wenigen Optikern zu finden.
Die Alternative zu der hochspezialisierten Augenuntersuchung ist die Anwendung des Amsler-Grid, einer einfachen Pappkarte mit einem Quadratgitter, welches zum Testen zu Hause oder auch beim Augenarzt angewendet werden kann. Schaut man auf das Gitter, sollten alle Linien gerade erscheinen – sieht man sie gebogen oder verdreht, so kann dies ein Zeichen für AMD sein. Aber dieser Test ist nicht sehr präzise und seine Ergebnisse sind nur begrenzt belastbar: Die Karte muss genau in einem bestimmten Abstand zum Auge platziert sein, und die Testresultate können auch leicht fehlinterpretiert werden. Ein weiteres Problem bei diesem Test ist, dass unser Gehirn darauf programmiert ist, Fehler zu „korrigieren“. Wenn wir eine Linie in einem Quadrat sehen, so „weiß“ das Gehirn, dass diese gerade sein sollte und greift entsprechend korrigierend ein, ohne dass wir uns dessen bewusst werden – wir meinen eine gerade Linie wahrzunehmen, auch wenn unser Auge diese gar nicht als gerade Linie sieht.
Hier setzten Jacob und Jørgen Bruun-Jensen bei der Entwicklung ihres neuen Produktes an. Sie entwickelten einen Sehtest, der auf modernen Technologien aufbaut, die wir fast alle zu Hause haben: Smartphones und Tablets. Das Produkt mit dem Namen MaculaScan™ ist eine App, die auf allen gängigen Plattformen läuft. Der Vorteil bei diesem Test ist: Er ist billig, er benötigt keine Spezialtechnologie, er ist einfach durchzuführen, und er kann problemlos zu Hause oder überall sonst in der Welt angewendet werden. Darüber hinaus lassen sich problemlos regelmäßige Test durchführen, und so können Veränderungen der Sehfähigkeit über einen längeren Zeitraum überwacht werden.
Es wurden verschiedene Prototypen der MaculaScan™- App entwickelt, und nun ist die Zeit gekommen, das Produkt in größerem Stil gründlich zu testen. Die Firma ScanVision begann die Zusammenarbeit mit dem Interreg-Projekt NorDigHealth, da dieses Projekt gut zur Ambition der Firma passte, neue Partner zu finden, Wissen über die neue Testmethode zu vermitteln, und den Fuß auf Märkte außerhalb Dänemarks zu setzen, wie bspw. den deutschsprachigen Markt. Derzeit hat ScanVision noch keine deutschen Geschäftspartner, aber das Unternehmen hofft darauf, hier neue Kontakte zu knüpfen und sein Produkt zu etablieren.
Für die Zukunft wünscht sich das Unternehmen, MaculaScan™ im Zusammenhang mit der technologischen Entwicklung im Bereich Consumer Electronics weiterzuentwickeln. Hier erwartet man, dass die 3-D-Technologie noch bessere Möglichkeiten bieten wird, seine Augen und Sehfähigkeit relativ einfach mit einer 3-D-Brille zu Hause zu testen. Gerne soll das Produkt weltweit eingesetzt werden. Hier arbeitet ScanVision bereits international. Die Firma wurde in Großbritannien gegründet, zog dann nach Dänemark um, ist nun Netzwerkpartner in einem deutsch-dänischen EU-Interreg-Projekt – und das Interview, das die Grundlage zu diesem Artikel bildet wurde mit Jacob Bruun-Jensen am Telefon geführt, als er gerade in Kalifornien, USA arbeitete. Er lacht und sagt: „Ja, das ist ein ziemlich internationales Projekt.“